Niedertemperaturkessel

Wärmeer­zeuger mit mehrstufiger oder stufenlos verstellbarer Feuerungsleistung

Schema eines Niedertemperaturkessel (hier mit Ölbrenner)

Seit den 80er Jahren sind Niedertemperaturkessel (NT Kessel) auf dem Markt und gehören mittlerweile zu den Standard-Heizkesseln. Das Besondere an diesen Kesseln ist, dass sie auch mit niedrigen Kesseltemperaturen betrieben werden können. Dabei ändert sich bei gleitender Betriebsweise die Kesseltemperatur oder die Kesseltemperatur ist konstant niedrig.

In der Heizungsanlagen-Verordnung vom 22. März 1994 wurde eine europäische Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt und die Begriffsbestimmung für Niedertemperatur-Heizkessel niedergeschrieben. Nach dieser Verordnung sind NT Kessel Wärmeerzeuger mit mehrstufiger oder stufenlos verstellbarer Feuerungsleistung, wenn sie die Wirkungsanforderungen von mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickten neuen Warmwasserheizkesseln einhalten, auch wenn sie eine Eintrittstemperatur von 40 °C überschreiten. Bis zum 31. Dezember 1997 galten als NT Kessel auch:

 

  1. Wärmeerzeuger, die so ausgestattet oder beschaffen sind, dass die Temperatur des Wärmeträgers im Wärmeerzeuger in Abhängigkeit von der Außentemperatur oder einer anderen geeigneten Führungsgröße sowie der Zeit durch selbsttätig wirkende Einrichtungen zwischen höchstens 75 °C und 40 °C oder tiefer gleitet oder die auf nicht mehr als 55 °C eingestellt sind;
  2. Wärmeerzeuger mit Einrichtungen für eine mehrstufige oder stufenlos verstellbare Feuerungsleistung, die so ausgestattet oder beschaffen sind, dass die Temperatur des Wärmeträgers im Wärmeerzeuger in Abhängigkeit von der Außentemperatur oder einer anderen geeigneten Führungsgröße sowie der Zeit durch selbsttätig wirkende Einrichtungen bis höchstens 75 °C gleitet oder die auf nicht mehr als 55 °C eingestellt sind.

 

Bei den vorher allgemein üblichen Hochtemperaturkesseln musste die Temperatur des Kesselwassers konstant auf mindestens 70 °C bis 80 °C gehalten werden, damit es nicht zu einer Korrosion des Kessels durch kondensierende Verbrennungsgase kam. Die dem jeweiligen Wärmebedarf entsprechende Vorlauftemperatur wurde dadurch erreicht, dass im Mischer dem heißen Kesselwasser mehr oder weniger Rücklaufwasser beigemischt wurde.

Bei Niedertemperaturkesseln mit gleitender Betriebsweise wird dagegen das Kesselwasser immer nur so weit aufgeheizt, dass seine Temperatur der erforderlichen Vorlauftemperatur entspricht. Infolge der niedrigen Kesseltemperatur sind die Verluste kleiner, denn je geringer der Unterschied zwischen Kesseltemperatur und Umgebungstemperatur ist, desto weniger Wärme geht verloren.

Die Gefahr von Korrosionsschäden wurde bei den modernen Niedertemperaturkesseln durch verschiedene konstruktive Maßnahmen verhindert. So haben die meisten Kessel eine heiße Brennkammer, die nicht mehr direkt vom Kesselwasser berührt wird. Die Brennkammer wird schneller von der Brennerflamme aufgeheizt und die Temperatur der Brennkammer liegt unter der Temperatur, bei der Kondensat ausfällt. Kondensat, das eventuell in der ersten Zeit nach Einschalten des Brenners anfällt, verdampft. Viele Hersteller sprechen deshalb auch von einer „trockenen" Brennkammer.

Einen großen Teil ihrer Wärme geben die Heizgase bzw. heißen Rauchgase an die Heizflächen ab. Durch konstruktive Maßnahmen wird dabei verhindert, dass die heizgasseitige Wandtemperatur der Heizflächen niedriger wird als der Wasserdampftaupunkt, der für Erdgas als Brennstoff bei 56 °C und für Heizöl bei 47 °C liegt. Diese konstruktiven Maßnahmen sind:

 

  • Rippen, welche die wärmeaufnehmende Oberfläche der Heizflächen auf der Rauchgasseite vergrößern, sodass deren Oberflächentemperatur größer ist.
  • Zweischichtige Heizflächen, bei denen der Unterschied zwischen den Oberflächentemperaturen auf der Rauchgasseite und der Heizwasserseite größer ist.
  • Lenkung der Heizwasserströmung im Heizkessel so, dass das kalte Rücklaufwasser erst mit etwas warmen Kesselwasser gemischt wird, bevor es mit den Heizflächen in Berührung kommt.

 

Die mit den Verbrennungsgasen in Berührung kommenden Teile sind aus Materialien gefertigt, wie z. B. Spezialguss, emailliertes oder mit keramischen Beschichtungen geschütztes Stahlblech sowie Edelstahl, die gegen die Heizgase und eventuell doch ausfallendes Kondensat besonders widerstandsfähig sind.

Beim Niedertemperaturkessel sind Kesseltemperatur und Vorlauftemperatur praktisch gleich. Je nach Wärmebedarf, entsprechend der jeweiligen Außentemperatur, gleitet die Kesseltemperatur zwischen der maximal erforderlichen Vorlauftemperatur und 40 °C oder auch tiefer. Die maximale Kesseltemperatur darf dabei höchstens 75 °C betragen. Voraussetzung für diese gleitende Betriebsweise ist eine witterungsgeführte Regelung der Vorlauftemperatur. Regelimpulse des zentralen Regelgerätes wirken unmittelbar auf den Brenner, und halten ihn so lange eingeschaltet bis das Kesselwasser die notwendige Kesseltemperatur erreicht hat.

Durch gleiche Kessel- und Vorlauftemperatur ist ein Mischer nicht unbedingt erforderlich. Er sollte zur Feinregelung jedoch eingesetzt werden, wenn der Kessel auch für die Brauchwassererwärmung verwendet wird oder bei unterschiedlichen Heizflächen (Heizkörper und Fußbodenheizung) unterschiedliche Vorlauftemperaturen benötigt werden.

Niedertemperaturkessel haben durch die gleitenden Kesseltemperaturen geringe Betriebsbereitschaftsverluste die zu der energiesparenden Betriebsweise führen. Betriebsbereitschaftsverluste entstehen im Allgemeinen durch die Auskühlung des Kessels während der Stillstandszeiten des Brenners durch Wärmeabstrahlung des Kessels in den Heizraum und Abkühlung des Kessels durch den Kaminzug.

Je höher die Kesseltemperatur ist, desto mehr Wärme geht durch Abstrahlung und Auskühlung verloren. Bei den bisher üblichen Hochtemperaturkesseln musste die Kesseltemperatur auf 70 °C bis 80 °C gehalten werden, obwohl diese Temperatur als Vorlauftemperatur nur an wenigen sehr kalten Tagen benötigt wird. Es wurde nachgewiesen, dass ca. 65 % des Brennstoffs bei Außentemperaturen zwischen +15 °C und 0 °C verbraucht werden und nur ca. 20 % zwischen 0 °C und -5 °C, da Frosttage nicht sehr häufig sind. Der Nutzungsgrad als Wirkungsgrad unter Berücksichtigung der Brennerlaufzeit und der Stillstandszeit ist bei Niedertemperaturkesseln durch die ständige Kesselwasser-Temperaturanpassung als sehr gut zu bezeichnen.

Im Allgemeinen werden vier Ausführungsarten von Niedertemperaturkesseln unterschieden:

 

  1. Niedertemperaturkessel ohne festgelegte untere Temperatur, die gleitend bis zur Umgebungstemperatur gefahren werden können.
  2. Niedertemperaturkessel mit festgelegter unterer Temperatur von 40 °C, die gleitend betrieben werden können und ohne Nutzwärmeabgabe nicht auf dieser unteren Temperatur gehalten werden müssen, sondern abgeschaltet werden können.
  3. Niedertemperaturkessel mit festgelegter unterer Temperatur von 40 °C, die gleitend betrieben werden können, aber ohne Nutzwärmeabgabe auf dieser unteren Temperatur gehalten werden müssen.
  4. Niedertemperaturkessel, die mit einer Festeinstellung der Kesseltemperatur auf 55 °C betrieben werden können.

 

Kessel der Gruppe 1 werden auch als Tiefsttemperaturkessel, Kessel der Gruppe 2 und 3 als Tieftemperaturkessel bezeichnet. Eine besondere Version des Niedertemperaturkessels ist der Brennwertkessel, der nachfolgend gesondert behandelt wird.

Die Niedertemperaturkessel sollten nicht größer als erforderlich gewählt werden. Für Niedertemperatur-Heizungen kommen sowohl Glieder- oder Plattenheizkörper als auch Flächenheizungen in Frage. Deren Fläche muss aber entsprechend groß sein um die gleiche Wärmeleistung eines Hochtemperaturkessels zu erzielen. Gegenüber der herkömmlichen 90/70-Auslegung (90 °C Vorlauftemperatur, 70 °C Rücklauftemperatur, 80 °C mittlere Heizwassertemperatur) ist für eine moderne 55/45-Auslegung (55 °C Vorlauftemperatur, 45 °C Rücklauftemperatur, 50 °C mittlere Heizwassertemperatur) eine Vergrößerung der Heizfläche auf das 2,5-fache erforderlich.

Die Abgastemperatur bei üblichen Niedertemperaturkesseln liegt bei rd. 160 °C. Die Abgasführung muss in Bauweise und Querschnitt zum Kessel passen. Unter Umständen kann die vorhandene Schornsteinanlage nach dem Einbau eines neuen Kessels durchfeuchten oder versotten. Die Gefahr ist meist dann gegeben, wenn der neue Kessel dem tatsächlichen Wärmebedarf angepasst und daher in der Leistung kleiner gewählt wird. Damit verringert sich der Abgasstrom und es gelangt weniger Wärme in die Abgasführung, weil die neuen Kessel den Brennstoff besser ausnützen und geringere Abgasverluste haben.