Positionspapier: Krise am Bau erfordert staatliche Maßnahmen

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In der Baubranche mangelt es an Aufträgen, zahlreiche bestehende Projekte werden storniert. Die aktuelle Zinsentwicklung, steigende Materialpreise und das Fehlen wirksamer Förderprogramme hat die Bauwirtschaft in eine prekäre Situation gebracht. Um dieser gerade noch rechtzeitig zu entkommen, sind unverzüglich staatliche Maßnahmen erforderlich. Zu diesem Schluss kamen die anwesenden Unternehmen beim Branchentreff „Quo vadis Baubranche?“, der im August in Stuttgart stattfand – auch wir von KLB waren vor Ort. Im Rahmen dieses Beitrages möchten wir Ihnen das dort entstandene Positionspapier erläutern, das den aktuellen Ist-Zustand aufzeigt und Maßnahmen formuliert, die jetzt noch für eine Kehrtwende im Wohnungsbau sorgen könnten.
 
Die Bundesregierung sieht den jährlichen Bau von 400.000 Wohnungen vor. Ein hohes Ziel, das seit Jahren nicht erreicht wird. Nachdem 2022 zumindest noch 295.300 Wohnungen fertiggestellt wurden, rückt das hehre Neubauziel seitdem in immer weitere Ferne. Aktuell besteht ein Mangel von bundesweit 700.000 Wohneinheiten. Von Januar bis Juni dieses Jahres sind die Baugenehmigungen dramatisch gesunken: bei Einfamilien- und Zweifamilienhäusern um 35,4 beziehungsweise 53,4 Prozent, bei Mehrfamilienhäusern um 27 Prozent. Gleichzeitig steigen die Zinsen für Wohnbaukredite seit Frühling 2022 kontinuierlich an und haben im vergangenen Monat mit rund vier Prozent den – im europäischen Vergleich – höchsten Zinssatz erreicht. Dies hat in Kombination mit steigenden Materialpreisen und fehlenden staatlichen Subventionen einen drastischen Auftragsrückgang zur Folge, dessen Auswirkungen für Handwerk, Bauunternehmen sowie -zulieferer man sich kaum auszumalen vermag.
 
Politische Schlussfolgerungen der letzten Wochen und Monate haben gezeigt, wie eine Kehrtwende nicht funktionieren kann: Unter anderem ist das erfolgreiche Baukindergeld zu Jahresanfang ausgelaufen und hat im KfW-Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ seinen Nachfolger gefunden. Die hierfür zur Verfügung gestellten 350 Millionen Euro werden aber aller Voraussicht nach bei weitem nicht abgerufen – aufgrund der festgelegten Einkommensgrenze von 60.000 Euro bei einem Kind. Bis Mitte August wurden nur etwas mehr als 100 Anträge gestellt. Das Förderprogramm bleibt also erfolglos und wird die Auftragseingänge perspektivisch nicht wiederbeleben. Die Bundesregierung muss sinnvoll und wirksam handeln – und zwar jetzt! Denn bis Ende des Jahres sind die Auftragsbücher vieler Unternehmen leer und bestehende Projekte abgearbeitet. Lediglich aktives, zielgerichtetes und sofortiges Eingreifen kann den Wohnungsbau retten.
 
Dafür müssen bestehende Förderkriterien für Neubauten modifiziert und heruntergeschraubt werden. Allen voran ist hier das neue Programm „Klimafreundlicher Neubau“ zu nennen, das auf den Effizienzhaus-Standard 55 zurückgestuft oder als reine Effizienzhausförderung 40 weitergeführt werden sollte. Zertifizierungen wie das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ stellen lediglich Kostentreiber dar, die Finanzierungen zum Scheitern bringen können. Bei der oben bereits erwähnten Wohneigentumsförderung für Familien sollte die Einkommensgrenze aufgehoben und der Förderbetrag angehoben werden. Darüber hinaus ist im sozialen Wohnungsbau ein erweitertes Sondervermögen von 50 Milliarden Euro nötig, um den schrumpfenden Bestand an Sozialwohnungen auszugleichen. Zusätzliche Maßnahmen wie die temporäre Absenkung der Grunderwerbssteuer oder eine Ersatzneubau-Prämie für einen zukunftsfähigen Gebäudebestand sind ebenfalls sinnvoll.
 
Wir von KLB meinen: Es ist fünf vor zwölf! Mit der zu Oktober wiedereingeführten degressiven AfA in Höhe von sechs Prozent setzt die Bundesregierung zwar ein erstes Zeichen. Das reicht aber bei weitem nicht aus! Zu hohe Anforderungen an energieeffiziente Neubauten ersticken neue Projekte im Keim. Es gilt, realistische Lösungen zu finden, die umgehend eingeführt werden und schnell erste Erfolge erzielen können.
 
Zur weiteren Vertiefung steht Ihnen hier das vollständige Branchen-Positionspapier „Fundamentale Krise im Bau erfordert große Maßnahmenpakete des Staates“ zum Download bereit.
 

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